Der neue Mann
Echte Männer, bitte!
Manche Trends stimmen uns überglücklich - andere widerrum lassen uns verzweifeln. Der neue Trend heißt Weiblichkeit - Männer leider inbegriffen.
Wenn wir Frauen von Männern reden, haben wir meist ein bestimmtes Bild vor Augen: groß und männlich sollte er sein. Ein richtiger Kerl halt. Vergleicht man jedoch den heutigen Soll-Ist Zustand der Männerwelt, wird uns Frauen meist ganz anders zumute. Hat man früher noch gerne einen Blick in der Straßenbahn auf den einen oder anderen Mann riskiert, traut man sich heute kaum mehr nach oben zu blicken. Knallenge Röhrenjeans und manikürte Fingernägel. Erst heute morgen musste ich mich zwingen, während der Bahnfahrt nach draußen zu stieren. Denn ansonsten hätte ich mir ein breites Schmunzeln kaum verkneifen können, als ein junger Mann Mitte 20 neben mir zum gefühlten 30. Mal seinen XXL-Strickschal zurechtrückte - gefolgt von einem leichten Zurückwerfen des Kopfes, um die schräge Ponypartie aus seinem Blickfeld zu verbannen. Hierbei handelt es sich jedoch leider um keinen Einzelfall. Männer stürmen Drogeriemärkte und tummeln sich vor den Beautyprodukten. Nicht selten muss man sich vor allem vor der Haarpflegeabteilung einen Platz zwischen all den Männern erkämpfen. Die Metrosexualität ist das neue Fashion- und Beautystatment.
Mit dem Einzug der Weiblichkeit in die Männerwelt scheint zugleich auch die Individualität Platzprobleme zu bekommen. Schaut man sich den Großteil der Männerwelt in einem bestimmten Alter an, könnte Frau meinen, sie sähe doppelt - oder eher hundertfach. Das Schema ist immer gleich: knallenge Hosen, Shirts mit einem V-Ausschnitt umrandet von einem Parka oder einer Steppweste. Und die Adolf-Hitler-Gedächtnisfrisur nicht zu vergessen. Schwiegermütter werden vor Freude Luftsprünge machen.
An diesem Punkt sollten wir Frauen uns fragen, was wir für einen Typ Mann wollen. Die ersten Punkte auf der Ich-wünsche-mir- einen-Mann-Liste sind meist "gepflegt" und "stylisch". Manche Männer scheinen jedoch noch nicht bemerkt zu haben, dass man diese Punkte auch gut erfüllen kann, ohne mit der Frau in Sachen Mode und Schönheit konkurrieren zu müssen. Keine Frau will einen Mann, für den sie ihren Platz für Kosmetika im Badezimmer räumen muss. Ein Alptraum.
Auch Mode lässt sich als Mann ausleben, ohne gleich auszusehen wie David Beckham 2.0. Ich will mir nicht von meinem Mann anhören müssen, dass dieser Rotton meiner Schuhe nicht zu dem Kleid passt - geschweigedenn, dass ich bei meinem Teint einen anderen Grünton wählen sollte. Männer sollen missmutig die Einkaufstüten tragen und ab und zu einmal beteuern, wie gut wir doch in diesem Kleid aussehen.
Doch nicht nur Klamotten und Schuhe sind die neue Lieblingsbeschäftigung von einigen Männern, sondern auch das Thema Haare hat sich einen neuen Stellenwert erkämpft. Auf dem Kopf wird jedes einzelne Haar in Position gelegt und unterhalb des Kopfes ist der Rasierer im Dauerseinsatz - behaarte und muskulöse Männerarme adé. Stattdessen werden wir im Sommer mit aalglatten glänzenden Männerwaden verzaubert - der Traum jeder Frau.
Auf der anderen Seite gibt es jedoch Männer, die dem Rasierer schon lange keine Beachtung mehr geschenkt haben - Haare soweit das Augen reicht. Die Metrosexualität hat ihren Gegner gefunden: Den Bart. Hier ist jedoch nicht die Rede von einem kleinen 3-Tage-Bärtchen, sondern von einer Gesichtsbehaarung, die vor Männlichkeit strotzt. Haare. Überall Haare. An diesem Punkt stelle ich mir die Frage: Kann ein Mann zu männlich sein? Sicherlich will der Großteil der Frauen einen richtigen Kerl. Einen Cowboy mit dreckigen Stiefeln und zerzausten Haaren - direkt aus der Wildnis ins Bett. Doch keine Frau will einen Mann mit einem Bart wie Osama Bin Laden neben sich liegen haben. Ein Bart ist männlich - aber nur in Maßen. Müsste ich mich allerdings entschieden, ob ich Ken oder einen Osama Bin Laden-Verschnitt in meinem Bett haben wöllte, dann müsste ich nicht lange überlegen. Ich will einen Mann. Einen Mann mit Haaren an den Armen und Beinen. Einen Mann, bei dem ich keine Angst um meine gute Bodylotion haben muss. Es reicht schon aus, wenn ich bei meiner tagtäglichen Verschönerungsprozedur stundenlang das Bad blockiere. Ich will einen Mann, der vor der Türe rummotzt, wann ich denn endlich fertig bin - und keinen, der drängelt, weil er sich noch die Beine rasieren muss. Mein Appell an alle Männer da draußen: Die Weiblichkeit gehört uns!