Beziehung 2.0 - Von Vibratoren und virtuellen Rosen
Geht ihr mit eurem Smartphone ins Bett?
Auf diese Frage hin müsste ich nicht lange überlegen, denn ohne mein Smartphone würde ich gar nicht erst wieder aufwachen. Jeden Morgen weckt mich mein geliebtes Handy mit einer sanften Melodie und durch den ganzen Schnick-Schnack, den es in jedem App-Store gibt, kann man sich auf die abenteuerlustigsten Methoden aus dem Schlaf klingeln lassen. Nur ist es mir nicht nur einmal passiert, dass sich das Gerät während (!!) des Weckens aufgehängt hat und sich nicht abschalten lässt– jedes Mal versuche ich schlaftrunken das immer lauter werdende Gesinge von Lilly Allen unter meiner Bettdecke zu ersticken. Früher hätte das einfache Drücken eines Knopfes auf dem Wecker gereicht – jetzt kann man sich sogar mit Matheaufgaben wecken lassen. Wahnsinn, oder? Für mich als Liebhaberin der Mathematik gibt es nichts Schöneres als eine Bruchrechenaufgabe mit noch halbgeschlossenen Augen zu lösen, während Lilly Allen immer lauter „F*** you“ singt.
Wenn man sich die unzähligen Funktionen eines Smartphones anschaut, so könnte man den attraktiven Versprechungen der Telefonkonzerne fast Glauben schenken: Ein Smartphone erleichtert Ihr Leben! Eine Funktion habe ich ganz besondern in mein Herz geschlossen – die Autokorrektur. Leute, die mich kennen und leider auch Leute, die mich nicht so gut kennen, werden in gewissen Zeitabständen immer mit seltsamen Satzgebilden von mir regelrecht belästigt. Neulich dachte sich mein Handy, während ich eifrig tippte, dass es anscheinend sinnvoll ist, das Wort „viel“ mit „Vibrator“ zu ersetzen. Dass die Nachricht „Gestern war toll. Wir haben Vibratoren Spaß gehabt“ an meine Mutter ging, schien es nicht bedacht zu haben.
Auch Verabredungen und Dates sind mit dem Smartphone kein Problem mehr. Zuerst hat man sich mit einem Anruf verabredet, dann mit einer SMS und jetzt hat man eine Verabredung in Whatsapp oder Facebook. Wenn es doch immer so unkompliziert wäre. Zuhause in Jogginghose auf der Couch rumlümmeln und nebenbei dem Herzallerliebsten vorseuseln wie sehr man ihn vermisst und wie sexy man gerade aussieht. Und man muss sich nicht einmal die Haare waschen. Früher hat man stundenlang telefoniert, wenn man sich nicht sehen konnte. Jetzt textet man stundenlang, obwohl man sich sehen könnte. Da bekommen die Worte "Ich vermiss dich." oder gar "Ich liebe dich." doch gleich eine viel tiefsinnigere Bedeutung, wenn diese auf dem Display erscheinen, nicht wahr? Ist es doch viel einfacher, eine simple Phrase in sein Handy zu tippen, als einer Person direkt gegenüberzustehen und zu sagen, wie viel diese einem bedeutet. Es kommen doch Worte ganz "einfach" über die Lippen, wenn man sie nicht persönlich aussprechen muss, oder? Doch bedeutet dann "Ich liebe dich." immer noch "Ich liebe dich."?
Besonders toll finde ich zudem, dass ich immer sehen kann, wann meine Nachrichten in Whatsapp und Co. gelesen wurden und noch wichtiger: Wann war ER zuletzt online? Jede Frau kennt diese Situation. Der emotionale Absturz ist zum Greifen nah. Er war 7:30 online und hat nicht auf mein Zwinkersmily geantwortet. Ist er böse auf mich? Oder hat er eine Andere? Dass der Mann der Träume vielleicht nur schlaftrunken nachsehen wollte, wer nun schon wieder per Whatsapp geschrieben hat, blenden die meisten Frauen gekonnt aus. Wieso sollte Frau sich auch realistische Szenarien vorstellen, wenn man sich auch seiner Fantasie bedienen kann?
Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, wenn ganze Beziehungen über das Smartphone geführt werden. Ein Küsschen geben, eine Rose schenken oder gemeinsam lachen – das Smartphone macht´s möglich. Noch nie war Liebe so einfach. Oder sollte man doch lieber sagen: Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, wenn ganze Beziehungen mit dem Smartphone geführt werden? Man nimmt es mit ins Bett, es weckt einen sanft oder manchmal gar unsanft aus dem Schlaf, es korrigiert, unterhält und spinnt manchmal rum. Man klebt aneinander und kommt nicht mehr voneinander los. Und damit meine ich keinen Mann.